
Kennt Ihr das auch, dass einem plötzlich ein Tag im Kalender fehlt? Jedenfalls ist heute der 19. Oktober, und selbstverständlich hätte dieser Beitrag gestern, am 18. Oktober online gehen sollen. Aber irgendwie ist der Tag verschwunden.
Gestern vor 68 Jahren, am 18. Oktober 1957 lief dieser Beitrag anlässlich der Verleihung des Literaturnobelpreises an Albert Camus im Deutschlandfunk, wo er unter der Rubrik „Retro“ immer noch zu finden ist: „Albert Camus über sich selbst“
„Paris. Aufsehen erregte gestern wohl überall die Meldung über den diesjährigen Nobelpreisträger für Literatur: Albert Camus“, beginnt der (nicht namentlich genannte Reporter) seinen Beitrag. Er präsentiert Camus zunächst mit Lebensdaten und Werken, um dann seinen persönlichen Eindruck vom Abend zuvor zu beschreiben, als sich Camus der Presse stellte:
„Schlank, mittelgroß, unter der mächtigen Denkerstirn ein für seine kaum 40 Jahre erstaunlich zerfurchtes Gesicht, die Lippen spöttisch verzogen – so sieht Camus aus, während er uns für ein paar Minuten Rede und Antwort steht, um dann auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Selten hatte ich bei einem Schriftsteller derart den Eindruck, dass er noch mitten im Kampfe steht, mit seinen ungelösten Problemen verhaftet ist, wie bei Camus. Kein eitles Lächeln, kein Hinweis auf ein vollendetes Lebenswerk (…).
Im Folgenden fasst der Reporter die Fragen und die jeweiligen Antworten von Camus auf Deutsch zusammen, bevor Camus im O-Ton eingespielt wird (hört unbedingt mal rein! Ich finde, es ist kaum überhören, dass dieser Termin Camus nicht eben Spaß gemacht hat…).
Gefragt wird Camus unter anderem: „Man nennt Sie oft den Dichter, bei dem das Absurde der menschlichen Existenz am ehesten zum Ausdruck kommt“, und er antwortet: „Ja, das ist eines von den Worten, mit denen man den Schriftsteller einzukreisen sucht, für den Hausgebrauch. Daran bin ich nicht gebunden. Der Schriftsteller, der das Absurde am meisten gefühlt hat, den kenne ich, der ist Pascal. Ich bewundere ihn sehr, aber ich bin weit entfernt, mich mit den Klassikern zu vergleichen“. „Haben Sie an diesem Ihrem Ehrentage eine Botschaft an die Menschheit oder wird sie in ihrem nächsten Werk enthalten sein?“ – „Ganz bestimmt nicht“, schneidet Camus dem Reporter das Wort ab. (…) „Ich will nur meine Arbeit fortsetzen, die ein wichtiger Teil meines Lebens ist, ich bin auf der Suche wie so viele Menschen. Wir suchen in der Nacht mit Zittern und Zagen.“ Und der Reporter beendet seinen Beitrag:
„Aber, so schloss Camus, es gibt einen Weg, ein Licht, auf das ich mich zubewege, es heißt: Glaube an das Leben, trotz allem.“
Ein schönes Wort zum Sonntag, weshalb der Blog-Beitrag zwar einen Tag zu spät, aber doch noch rechtzeitig kommt. In diesem Sinne: Allen noch einen schönen Sonntag und à bientôt!









