Vom flüchtigen Geschmack unverdienten Glücks

Ein kleiner Nachschlag zum letzten Beitrag über die Ausstellung La Postérité du soleil bei der Fotostiftung Schweiz in Winterthur: Von poetischer Dichte sind die kleinen Texte, die Albert Camus zu den Aufnahmen der Schweizer Fotografin Henriette Grindat von Streifzügen im Luberon gemacht hat – ein Ton, wie er sich in seinem Werk nicht oft findet. Für die Ausstellung wurden die Texte erstmals umfassend auf deutsch übersetzt. Ein schönes Beispiel hat die Presseabteilung der Fotostiftung mitgeschickt:

Le taureau enfonce ses quatre pattes dans le sable de l’arène. L’église du Thor ne bouge plus, force de pierre. Mais qu’elle se mire dans la Sorgue claire, la force s’épure et devient intelligence. Elle encorne le ciel en même temps qu’elle s’enfonce dans un lit de cailloux, vers le ventre de la terre. Sur le pont du Thor, j’ai senti parfois le goût vert et fugitif d’un bonheur immérité. Ciel et terre étaient alors réconciliés.

Der Stier stemmt seine Hufe in den Sand der Arena. Die Kirche von Le Thor bewegt sich nicht mehr, Kraft des Steins. Aber wenn sie sich in der klaren Sorgue spiegelt, verfeinert sich die Kraft und wird Klugheit. Sie nimmt den Himmel auf die Hörner, während sie sich in ein Bett von Kieseln stemmt, gegen den Bauch der Erde. Auf der Brücke von Le Thor habe ich manchmal den grünen und flüchtigen Geschmack unverdienten Glücks empfunden. Himmel und Erde waren dann versöhnt.

Henriette Grindat, Le Thor, Frankreich, 1951 © Fotostiftung Schweiz

AUSSTELLUNG
La Postérité du soleil, Fotostiftung Schweiz, Grüzenstrasse 45, CH–8400 Winterthur, 8. Juni bis 6. August 2023. www.fotostiftung.ch

Mehr dazu im vorigen Beitrag Unterwegs mit den Nachkommen der Sonne
Ein lesenswerter Beitrag mit zahlreichen Bild/Text-Beispielen aus der Ausstellung hier im Schweizer Tagblatt.

Und hier noch einmal der Hinweis von Blog-Leser Michael Löwe auf einen Youtube-Beitrag über Henriette Grindat. Vielen Dank!

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1 Antwort zu Vom flüchtigen Geschmack unverdienten Glücks

  1. Gerhard Heise sagt:

    Der Film zu der Fotografien ist excellent. Ich habe ihn einigen Liebhabern der Fotokunst zugestellt. Ebenso jenen, die sich sowohl Rene Char aber besonders Albert Camus zugewandt fühlen.

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