Der Blog hat in den letzten Wochen unter der Sommerhitze ein bisschen Siesta gehalten, aber nun wird es Zeit aufzuwachen… Viele Theaterkassen im Land haben schon wieder geöffnet, und nicht mehr lange dann werden auch drinnen die Vorhänge zur neuen Spielzeit hochgehen. Ganz sicher werden auch Camus-Stücke wieder dabei sein. Einen kompletten Überblick habe ich noch nicht (falls es den überhaupt jemals gibt), und weil ich euch nicht länger warten lassen will, präsentiere ich die Fundstücke nach und nach.
Ganz herzlich bedanke ich mich bei Blog-Leserin Elisabeth Hoffmann aus Berlin, die mir das erste Fundstück quasi frei Haus lieferte. Gewiss wäre es mir sonst entgangen, denn es liegt im Wortsinne ein wenig am Rand: „Das Theater am Rand ist eine wunderschöne zusammengezimmerte Holzbühne in der freien Natur gleich hinter dem Oderdeich,“ schreibt Elisabeth Hoffmann. Dort steht am Freitag, 24. August, Der Fall nach dem Roman von Albert Camus auf dem Spielplan. Daniel Minetti verkörpert den Anwalt Jean- Baptiste Clamence, der, untergetaucht im Amsterdamer Rotlichtviertel, einem nicht näher bezeichneten Gegenüber eine Art Seelenbeichte ablegt. Das Theater schreibt dazu sehr schön:
„Die Geschichte ist überraschend, faszinierend, aufwühlend, man hat das Gefühl, ertappt zu werden, in den eigenen Abgrund der Seele zu blicken – jeder Satz ein Kunstwerk, kein Wort zu viel. Und die Geschichte ist gefährlich: mit Interesse verfolgt und mit Aufrichtigkeit durchdacht vermag sie Weltbilder ins Wanken zu bringen – nicht nur die des Protagonisten. Ich gleiche jenem alten Bettler, der eines Tages in einem Café meine Hand nicht mehr loslassen wollte. Ach wissen Sie, Monsieur –sagte er – man ist ja nicht eigentlich ein schlechter Mensch, aber man verliert das Licht.“
* Theater am Rand, Zollbrücke 16, 16 259 Oderaue. Anscheinend gibt es nur die eine Vorstellung am 24. August, 20 Uhr. Infos hier.
Eine ganz andere Version von Der Fall zeigt das Euro Theater Central in Bonn in Koproduktion mit der Tanzkompanie bo komplex, nämlich als ein Zwei-Personen-Tanztheaterstück (Inszenierung: Bärbel Stenzenberger, Musikkomposition: Helena Rüegg). Ein Schauspieler und ein Tänzer (Olaf Reinecke) werden gemeinsam auf der Bühne agieren. In der vergangenen Saison musste das Stück wegen Krankheit eines Darstellers vom Spielplan genommen werden, nun feiert es am 12. September zunächst in französischer Sprache erneut Premiere; am 14. September folgt dann die deutschsprachige Fassung. Den Part von Schauspieler Raphael Traub hat jetzt Johannes K. Prill übernommen.
* Euro Theater Central, Münsterplatz-Dreieck/ Eingang Mauspfad, Bonn. Premiere in französischer Sprache: 12. September, weitere Vorstellungen: 13. September, 20. Oktober. In deutscher Sprache: 14. September, 19. Oktober.