Was für ein Verhältnis hatte Camus eigentlich zu Deutschland? Das ist natürlich eine höchst interessante Frage im Rahmen eines deutschsprachigen Camus-Blogs. Die sehr wahrscheinlich sogar den Rahmen sprengt. Spontan denke ich natürlich zunächst einmal an die Briefe an einen deutschen Freund, die ich hier schon mehrfach zitiert habe. Und daran, dass er offenbar ganz selbstverständlich bedeutende Teile der deutschen Literatur kannte und schätzte. Goethes Werther spielt im Mythos von Sisyphos eine Rolle. Dem Homme révolté ist ein wunderbares Hölderlin-Zitat vorangestellt. Über Jahre trug er das Vorhaben mit sich herum, ein Don-Faust-Drama zu schreiben, das die Figuren von Don Juan und Faust verschmelzen sollte. Dann natürlich Kafka (großzügig dazugezählt), mit dem er sich intensiv beschäftigt hat; von der deutschen Philosophie noch gar nicht zu reden. Was findet man in den Carnets zu Deutschland? Immerhin hat Camus 1936 eine längere Europa-Reise unternommen, die ihn nicht nur nach Prag, sondern auch nach Dresden, Bautzen und Breslau geführt hat. Ich nehme mir vor, dem einmal nachzugehen. Vielleicht kann ich mir die Arbeit aber auch sparen, wenn ich es schaffe, am 17. Juni nach Bonn zu fahren.
Unter dem Titel „Albert Camus und Deutschland“ steht nämlich ein Vortrag am 17. Juni im Institut franςais in Bonn. Camus’ Lettres à un ami allemand, seine kurzen Deutschlandreisen, die Camus-Rezeption in Deutschland und weitere historisch-politische Themen werden im Kontext der deutsch-französischen Beziehungen der Kriegs- und Nachkriegszeit angesprochen, heißt es in der Vortragsankündigung.
Referent ist Dr. Willi Jung, Akademischer Direktor am Institut für Klassische und Romanische Philologie der Universität Bonn. 2010 organisierte er ein Symposion an der Uni Bonn zum 50. Todestag von Camus. Ein Sammelband mit den Tagungsbeiträgen wird seit längerem erwartet; wie es in der Vortragsankündigung heißt, soll er 2013 nun doch noch erscheinen. Der Titel Albert Camus ou Sisyphe heureux – Albert Camus oder der glückliche Sisyphos.
Der Vortrag ist in deutscher Sprache, der Eintritt ist frei. Es handelt sich um eine Veranstaltung des Institut français Bonn und des Romanischen Seminars der Universität Bonn im Rahmen der Ringvorlesung „L’engagement en littérature. Zur Literatur der Adenauer/de Gaulle Ära“.
Info:
17. Juni 2013, 18:15 Uhr – 19:30 Uhr
Institut français Bonn, Adenauerallee 35 (Eintritt frei).
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