„Suite Camus“ – ein deutsch-französisch-algerisches Gemeinschaftsprojekt, oder: Grenzen spielen keine Rolle

Camus’ Lieblingsort heute: Die Ruinen von Tipasa. Foto ©: Andreas Arnold

Camus’ Lieblingsort heute: Die Ruinen von Tipasa. Foto ©: Andreas Arnold

Zu den unverhofft schönen Erfahrungen mit diesem Blog zählt für mich ganz eindeutig, dass Menschen in mein Leben treten, von denen ich vermutlich sonst niemals erfahren hätte. Menschen, die eine sehr entscheidende Gemeinsamkeit miteinander teilen aber davon nichts wissen, werden plötzlich füreinander sichtbar – sogar jenseits eines Ozeans, am andern Ende der Welt. Was für eine großartige Sache.

So erhielt ich unlängst eine Mail aus New York. Andreas Arnold, ein dort lebender deutscher Musiker schreibt mir, dass er meinen Blog gefunden habe, und dass er meine Leidenschaft für Camus teile. Ob ich wohl so nett wäre, auf sein Camus-Projekt hinzuweisen? Das tue ich doch selbstverständlich sehr gerne. Und zwar nicht nur, weil ich hier natürlich sowieso so viel wie möglich zum Camus-Jahr sammeln möchte, sondern weil dieses Projekt wirklich großartig klingt: „Suite Camus“ ist ein interdisziplinäres Projekt, in dem Text, Videos und Musik zusammenspielen, und das von jungen Künstlern aus Deutschland, Frankreich und Algerien gemeinsam realisiert wird – und schon allein dadurch Camus sehr nah ist.

Ein Tagebucheintrag von Camus, der auch schon in diesem Blog eine Rolle gespielt hat, bildet die Struktur des Ganzen, nämlich seine „zehn bevorzugten Wörter“: le 
monde,
 la
 douleur,
 la 
terre,
 la
 mère, 
les 
hommes,
 le
 désert,
 l’honneur,
 la
 misère,
 l’été,
 la
 mer.

Andreas
 Arnold
 komponierte
 zu
 diesen
 Schlüsselbegriffen
 zehn
 programmatische
 Stücke,
 in
 denen
 Elemente
 des
 Jazz,
 des
 Flamenco
 und
 der
 elektronischen
 Musik

 verschmelzen.
 Diese
 Stücke
 werden
 bei
 der 
Präsentation
 von
 „Suite
 Camus“ 
von 
einem 
Quartett
 live
aufgeführt.


 Die
 den
 Sätzen
 zugeordneten
 Videosequenzen
 wurden
 von
 den
 algerischen
 Videokünstlern
 Hassen
 Ferhani
 und
 Katia
 Kameli
 an
 Orten
 gedreht,
 die
 im
 Camus’schen
 Oeuvre
 beschrieben
 sind
:
 Algier,
 die
 Sahara
 sowie
 die
 römischen
 Ruinenstädte
 Tipasa
 und
 Djemila.
 „Dabei 
zeichnen 
die 
Videos
 auch
 ein 
ehrliches 
Bild
 vom
 Algerien
 der
 Gegenwart“, heißt es, und weiter: 
 „Visuell
 und
 musikalisch
 besitzt
 Suite
 Camus 
einen
 intensiven 
Bezug 
zum
 Mittelmeer,
 da
 Camus
 ein
 genuin 
«mediterraner»
 Schriftsteller
 ist.“ Den
 Video-Musik-Sequenzen
 vorangestellt
 sind
 zehn
 Lesungen
 eher
 unbekannter
 Texte
 aus
 dem
 Camus’schen
 Gesamtwerk:
 Auszüge
 aus
 Tagebüchern,
 Romanen,
 Bühnenwerken,
 Essays
 und
 Briefen.

Das Projekt wurde vom Goethe-Institut Paris in Auftrag gegeben und von diesem sowie vom Institut
 Français
 Algier
 und
 der
 Deutsche
n Botschaft
 in
 Paris gefördert.

Auf der Seite Suite Camus (in französischer Sprache) gibt es u.a. eine wunderbare Bildervorschau, eine kleine Video-Vorschau gibt es hier

Ich danke Andreas Arnold für das Tipasa-Foto! Bislang gab es eine Vorstellung von Camus’ Lieblingsort nur in meinem Kopf.

Info:
Premiere 
am
 2.
 Juli 
2013, 20 Uhr,  

im Goethe-Institut Paris, 17 Avenue d’Iéna.
Die US
-Premiere
 folgt am
 27.
 Juli 
in
 New
 York
 beim Between
 the 
Seas 
Festival. Für den Herbst sind weitere Aufführungen in
 Frankreich und Deutschland geplant.

 

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4 Antworten zu „Suite Camus“ – ein deutsch-französisch-algerisches Gemeinschaftsprojekt, oder: Grenzen spielen keine Rolle

  1. Dr. Ruth Schlette sagt:

    Noch so eine Überraschung, liebe Frau Reif! Nach dem weitgespannten Abend bei der phil.cologne nun diese Ausweitung auf Musik und video-Kunst. Endlich löst Camus sich aus der kleinen Welt der Experten. Ihr Blog hat daran entscheidenden Anteil, und dazu gratuliere ich Ihnen von Herzen,
    Ihre Ruth Schlette

  2. Andreas Arnold sagt:

    Liebe Anne,
    vielen Dank für die schöne Präsentation, die lieben Worte und natürlich für diesen wunderbaren Blog den ich in letzter Zeit immer mit sehr viel Interesse verfolgt habe! Der Berg im Hintergrund ist übrigens der bei Camus öfters erwähnte Chenoua.

  3. Hildegard Boxberg sagt:

    Liebe Anne,
    Du erinnerst Dich an deinen Eintrag im März:“In Tipasa wohnen im Frühling die Götter. Sie reden durch die Sonne und durch den Duft der Wermutsträucher, durch den Silberkürass des Meeres, den grellblauen Himmel, die blumenübersäten Ruinen und die Lichtfülle des Steingetrümmers.“ …
    Wie schön, dass ich jetzt ein Bild dazu habe!
    Und ich kann mir gut eine Art ’synästhetisches‘ Konzert zu den 10 Wörtern vorstellen und bin neugierig geworden – vielleicht im Herbst…ich hoffe auf Ankündigung der Termine in Deinem Blog!
    Danke für Deine immer neuen Anregungen.

  4. Dr. Petra Herrmann sagt:

    Wunderbar, welch immer wieder neue Anregungen bei Dir zu finden sind. Das versüsst selbst den regnerischsten Tag.
    Ich freue mich auf die Konzerte im Herbst.

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