So, nun sind meine kurzen Paris-Ferien mit Camus auch schon wieder zu Ende. Ab heute nicht mehr Urlaub sondern Arbeit mit Camus. Noch bis Ende des Monats läuft meine Auszeit vom Redaktions-Alltag. Ob es am Ende ein fertiges Buch geben wird? Ich bin selbst gespannt. Leider (in diesem einzigen Falle wirklich bedauerlich) fühle ich eine starke Seelenverwandtschaft mit Camus auch im Hinblick auf die Arbeit am Schreibtisch. „Arbeiten Sie regelmäßig?“ fragte Jean-Claude Brisville den Autor in einem Interview im Jahr 1959. Camus’ Antwort: „Ich zwinge mich dazu. Wenn alles gutgeht: vier oder fünf Stunden zu Beginn jeden Tages. Wenn alles schlecht läuft…!“ – Auch der Umgang mit selbst aufgestellten Lebensregeln, auf den eine weitere Frage abzielt, ist mir sehr vertraut. Brisville: „Haben Sie eine Lebensregel – oder improvisieren Sie, je nach den Umständen und Ihren momentanen Regungen?“ Antwort Camus: „Ich stelle mir strikte Regeln auf, um meine Natur zu korrigieren. Und schließlich folge ich meiner Natur. Das Resultat ist nicht brillant.“ Natürlich muss man sich diese Aussagen als gesprochene denken, und da gibt es durchaus sehr verschiedene Möglichkeiten. Sachlich-nüchtern, abgeklärt, gar resignativ oder mit einem Hauch Selbstverachtung. In dem selben Interview antwortet Camus freilich auf die Frage nach dem von seinen Interpreten am häufigsten vernachlässigten Thema in seinem Werk: „der Humor“. Deshalb stelle ich mir lieber vor, wie Camus diese Sätze mit einem Lächeln gesprochen hat. Und so will ich es auch handhaben.
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Ich bin ganz zufällig auf diese Seite gestoßen. Ich danke Ihnen für diese Umsetzung, denn ich bin auch ein Liebhaber Camus. Mich würde es freuen wenn Sie uns mehr Interviews von Camus liefern könnten. Evtl. eine kleine Zusammenstellung der wichtigsten, denn selbst werde ich nicht wirklich fündig. Weiterhin noch viel Glück!
Lieber Koray, in dem Band „Fragen der Zeit“ (Rowohlt TB) sind zwei lange Interviews zu politischen Fragen jeweils aus dem Jahr 1957 enthalten, veröffentlicht unter den Titeln „Der Sozialismus der Galgen“ und „Die Wette unserer Generation“. Darüber hinaus sind mir außer dem von mir zitierten keine Interviews mit Camus in deutscher Übersetzung bekannt. Eine ganze Reihe von Original-Interviews finden sich aber in der vierbändigen Gesamtausgabe der Werke (Pléiade-Ausgabe bei Gallimard) in chronologischer Ordnung.
Liebe Anne-Kathrin,
noch bevor ich deine letzten beiden Sätze gelesen hatte war für mich das Bild im Kopf schon komplett.
Und Menschen, die diese Sätze mit einem Lächeln sagen können … sind mir persönlich mehr als sympathisch.
Immer wieder schön …
Liebe Grüße und weiterhin bon courage!