„Wunderbare Nacht über dem Atlantik. Diese Stunde, die von der verschwundenen Sonne zum gerade erst aufgehenden Mond reicht, vom noch leuchtenden Westen zum schon dunklen Osten. Ja, ich liebe das Meer sehr – diese ruhige Unermesslichkeit – dies wieder bedeckten Furchen des Kielwassers – diese flüssigen Straßen. Zum ersten Mal ein dem Atmen des Menschen angemessener Horizont, ein Raum, so groß wie seine Kühnheit. Ich bin immer hin und her gerissen gewesen zwischen meinem Hunger nach Menschen, der Eitelkeit der Betriebsamkeit und dem Wunsch, mich jenen deren des Vergessenes anzugleichen, jenem maßlosen Schweigen, das wie der Zauber des Todes ist. Ich habe Gefallen an den Eitelkeiten der Welt, an meinen Mitmenschen, an den Gesichtern, aber neben dem Leben der Welt habe ich einen eigenen Maßstab – das Meer und all das, was in dieser Welt ihm gleicht. O Süße der Nächte, in denen alle Sterne funkeln und über die Masten hingleiten, und diese Stille in mir, diese Stille endlich, die mich von allem erlöst.“
Albert Camus, Reisetagebücher, Deutsch von Guido G. Meister, Rowohlt, Reinbek 1980, S. 43.
* * *
Für mich ist das Zufallszitat heute eines, das die Sehnsucht weckt… Und die Zwiespältigkeit, von der Camus spricht, kenne ich selbst auch allzu gut. Sinnlos, sie auflösen zu wollen. Aber gut, wenn man beides im Leben haben und genießen kann, die Geselligkeit unter den Mitmenschen, und die schweigende Einsamkeit, die Raum zum Atmen gibt. Ich wünsche allen Blog-Lesern und Camus-Freundinnen, dass sie heute genau das Passende für sich finden – in diesem Sinne: Allen einen schönen Sonntag und à bientôt!
* * *